Abgeschickt von Heinz Boente am 14 November, 2005 um 20:51:20
Antwort auf: Re: Evolution u. Alltag: Lernen als Natur des Geistes von Manfred Müller am 13 November, 2005 um 11:21:57:
Lieber Herr Müller,
zuerst einmal ein herzliches Willkommen im Forum!
Sie sehen das vollkommen richtig: einer der großen Verdienste Hoimar von Ditfurths liegt sicher darin, daß er es in nahezu allen seinen Veröffentlichungen (inkl. Fernsehsendungen und Radiobeiträge) verstanden hat, seine Leser/Zuschauer/Zuhörer zum eigenen (Nach)denken anzuregen. Vor allem ging es ihm dabei nie nur um eine reine Wissenvermittlung, sondern immer auch um die Erweiterung des menschlichen Selbstverständnisses. In diesem Zusammenhang hat er in seinem Aufsatz "Evolutionäres Weltbild und theologische Verkündigung", veröffentlicht 1982 in seinem Buch "Unbegreifliche Realität" geschrieben (Zitat): "Weltbilder tendieren, sie mögen objektiv noch so unvollkommen sein, grundsätzlich zur Geschlossenheit. Sie lassen aus subjektiver Perspektive sozusagen keine Fragen offen."
Die Geschicht lehrt, daß HvD recht hat.
Ich weiß nicht, mit welchen Mitmenschen Sie in welchem Forum diskutiert haben, noch kenne ich die Themen, deshalb kann ich im Augenblick nicht viel Konkretes zu Ihrem Beitrag sagen. Allerdings gibt es diese Art der von Ihnen genannten Selbstüberschätzung in einigen, sich selbst für elitär haltenden Kreisen nicht erst seit Newton und Einstein, sondern es hat sie zu allen Zeiten gegeben (am Rande bemerkt: auch die christliche Religion ist erst seit der Aufklärung ein ganz klein wenig bescheidener in ihrem eigenen absolutistischen Anspruch geworden).
Ich gebe Ihnen gerne recht, daß die intensive Beschäftigung mit einem einzigen Themengebiet häufig eine Art "Betriebsblindheit" mit sich bringt, und ich denke genau wie Sie, daß die Lernbereitschaft derartig verbohrter Zeitgenossen nur äußerst gering ist. Trotzdem möchte ich die Mehrzahl der seriösen Wissenschaftler von einigen schwarzen Schafen unterschieden wissen. Und ich bin davon überzeugt, daß diejenigen wissenschaftlich interessierten Mitmenschen, die sich ein wenig mit HvD's Lebenswerk beschäftigt haben, gerade NICHT zu den von Ihnen erwähnten hämischen Pöblern gehören.
Darüber hinaus bin ich - genau wie Sie - der Meinung, daß es der vielzitierten "breiten Masse" herzlich egal ist, welche wissenschaftlichen Erkenntnisse (wohlgemerkt: "Erkenntnisse", nicht ihre kommerzielle Umsetzung!) ihr Weltbild und ihr eigenes Selbstverständnis erweitern könnten. Deren Lernbereitschaft - ich drücke es mal etwas flapsig aus - beschränkt sich meist darauf, die Fernbedienung ihrer Dolby-Surround-Anlage zu beherrschen und sich neue Klingeltöne auf ihr Handy installieren zu können. Leider!
Gruß
HB