Gut und Böse


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Abgeschickt von Egon de Neidels am 07 Oktober, 2009 um 12:06:13:

Antwort auf: Re: Zuviele Probleme vs. Optimismus von Walter Keil am 07 Oktober, 2009 um 09:43:23:

Hallo Herr Keil,

ein bisschen Zeit habe ich noch. Danke für das Lob.

Es ist nicht schwer, offen zu sein. Was man selber erlebt hat, erlebt und noch erleben wird, haben andere auch erlebt. Kein Mensch ist eine Singularität und wenn er sich als solche empfinden sollte, ist er entweder paranoid oder depressiv und benötigt Medikamente.

Gut und Böse sind einander bedingende Konzepte. In unserer Kultur wurde das aus einem m.E. falsch verstandenen Kirchenchristentum so weit auseinandergezogen, dass Himmel angestrebt und Höllen gemieden werden. Das hängt mit Personalisierungen zusammen wie „lieber Gott“ und „böser Satan“. Möglicherweise hat sich derlei erst mit der Zeit entwickelt, denn im alten Testament finden wir zuweilen noch einen großen einheitlichen Gott, der die Dualität in sich zu vereinigen scheint. Lesen Sie dazu ggf. mal Jesaja 45, Verse 6 und 7. Da findet sich folgende Aussage: „Ich bin der Herr und sonst keiner, bin der Bildner des Lichtes wie der Finsternis Schöpfer, Bringer des Friedens wie Schöpfer des Unheils. Ich, der Herr, ich wirke dies alles.“ Das entspricht eher indischen Gottesvorstellungen als der traditionellen in unseren Kirchen. Kalkata ist die Stadt der Göttin Kali (zur Abwechslung mal eine Dame und kein Herr). Diese ist sehr gütig und ebenso grausam – eine sog. tantrische Gottheit, die im Leben Ramakrishnas eine große Rolle gespielt hat. Die Trimurti (Brahma, Vishnu, Shiva) stellt Weltschöpfer, -erhalter, und -zerstörer dar. In der Gottheit Dattatreya sind diese drei vereint. Aber es wurden aus der Trimurti auch Gottheiten herausgelöst, die dann alle Eigenschaften für sich haben – eine Art holografisches Verständnis paust sich da durch. Shivaiten z.B. ist Shiva allein der höchste Gott, erbauend und zerstörend gleichermaßen. Das Herausbilden solcher Gottesvorstellungen könnte auf Jahrhunderte alte Naturbeobachtungen basieren und das ist ja im Prinzip nichts anderes als Evolution gemäß unseres modernen Weltbildes.

Wir wissen nicht, ob unser Universum das einzige Universum ist und wir wissen auch nicht, wie viele Evolutionen in alledem ablaufen. Falls wir es also nicht schaffen – don`t worry, be happy. Irgendwo anders geht es schon weiter. Aber noch ist bei uns ja das letzte Wort nicht gesprochen. Gandhi hat einmal gesagt, dass es vorkommen kann, dass in größter Krise Gott erscheint. Ich weiß nicht genau, wie er das gemeint hat, aber es deckt sich wohl mit Ihren Spruch vom Lichtlein.

Wir meiden den Schmerz, das ist evolutionär korrekt und sinnvoll. Ohne Leid keine Freude. Sie bekommen hier nichts „geliefert“ ohne dass „man“ Ihnen gleich das Gegenteil mitliefert – allerdings oft mit zeitlichem Versatz, der dann die Illusion erzeugt, das eine habe mit dem anderen nichts zu tun. So gesehen wäre tatsächlich langsam mal ein „Paradies“ fällig – was aber auch wieder vergänglich wäre. Wenn man beispielsweise ein Auto kauft, hat man den Schrotthaufen gleich mitgekauft. Nur wird der erst viel später sichtbar – im besten Fall nach Generationen. Die spannende Frage, ob das auch umgekehrt ginge, beantwortet die Entropie bzw. der sog. Zeitpfeil. Dieser könnet das o.g. „fällige Paradies“ auch verhindern. Wir hocken also auf einer Art Fliessband, das nur in eine Richtung läuft. Am Rande scheinen einige Figuren zu stehen, die uns den Absprung schmackhaft machen wollen – das sind dann die Gurus, Philosophen und Priester. Schaut man aber genauer hin, sieht man, dass diese Leute auch auf dem Fliessband stehen. Suchen Sie den, der nicht auf dem Fliessband steht.

Und wenn alles nichts hilft, haben wir ja noch die Ewigkeit. Angesichts dieser verblassen alle unsere Bestrebungen zur Bedeutungslosigkeit – das Ego ist futsch :-)

Ein Buddhist hat mal gesagt: Wenn wir geboren werden, weinen wir, während alle anderen lachen. Wenn wir sterben, weinen die anderen und wir haben vielleicht die großen Chancen zu lachen – aber dazu muss man dann aber an die Aussagen des tibetischen Totenbuches glauben, das für mich nur ein Buch wunderbarer Projektionen des Bewusstseins ist und kein Wegweiser in gute Wiedergeburten (daran glaube ich nicht).

Mit freundlichen Grüßen
Egon de Neidels

p.s. Ich sehe gerade noch rechtzeitig vor dem Einspeichern, Ihren Beitrag, Herr Heim und danke Ihnen dafür. Ich denke aber, Herr Keil sieht das Problem schon differenzierter, als es beim Eingangsbeitrag scheint.




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