Re: Thomas Metzinger: Der Ego-Tunnel


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Abgeschickt von Klemens Taplan am 17 Oktober, 2009 um 20:32:33:

Antwort auf: Re: Thomas Metzinger: Der Ego-Tunnel von Walter Keil am 15 Oktober, 2009 um 22:59:37:

Hallo Herr Keil,

freut mich, Sie mal wieder anzutreffen. Ja, hin und wieder bin ich im HvD-Forum vertreten. Aus der Fülle Ihrer Themen greife ich mal ein paar heraus.

Ich finde, Sie beurteilen die Biologie und die Hirnforschung zu negativ. Seit Charles Darwin hat es doch einen gewaltigen Erkenntnisgewinn gegeben. Die DNA wurde entschlüsselt, die Hirnforschung deckt Illusionen als solche auf und das Selbstverständnis des Menschen befindet sich aufgrund dessen im Wandel. Ich finde auch, dass die Beispiele, die (nicht nur bei Metzinger) beschrieben werden, sehr anschaulich sind und zu einem Erkenntnisgewinn führen.

Neben der naturwissenschaftlichen Herangehensweise gibt es andere Erkenntniswege (Religion, Mystik, Meditation, subjektive Erfahrungen, Historie, …), die am Beispiel östlicher Mystik betrachtet, sogar Ähnlichkeiten mit der modernen Physik haben können (s. Fritjof Capra).

Ganzheitliche Betrachtungen lassen sich nicht oder nur sehr schwer in den methodischen Rahmen der Naturwissenschaften pressen. Manche Begriffe sind einfach unscharf und erschweren eine saubere Strukturierung. „Lebensnetz“ ist so ein Gummibegriff, auf den ich mal bei Capra gestoßen bin. Davon abgesehen halte ich Ken Wilber für einen interessanten Autor.

Aber besser abgestimmte Forschungsergebnisse erreicht man auch dadurch, dass verschiedene Wissenschaftszweige interdisziplinär zusammenarbeiten. Metzinger ist dafür ein gutes Beispiel.

So wie ich den Konstruktivismus verstehe, schließt er keine objektive Realität aus und Konstruktionen erfolgen nicht nach belieben, sondern im Rahmen evolutiv bzw. kulturell vorgegebener Strukturen. Spiegelneuronen spielen hier eine große Rolle und beeinflussen die kulturelle Entwicklung. Aber das „Ding an sich“, um mit Kant zu sprechen, ist für uns nicht greifbar. Wir leben nicht in der Welt, sondern in dem Bild, welches wir uns von der Welt machen (siehe HvD). Dieses Bild ist ein Konstrukt, aber nicht in dem Sinne, dass der Einzelne die Welt erfindet.

Hinsichtlich der Farben sehe ich es wie bisher, nämlich dass diese nicht in der Natur zu finden sind, sondern erst im Gehirn als solche interpretiert und erlebt werden.

Um zu guten Forschungsergebnissen zu kommen, muss der zu beobachtende Gegenstand untersucht werden, aber auch die Rahmenbedingungen des Beobachters müssen klar sein. In diesem Sinne halte ich Ihr Astronomiebeispiel für einseitig. Die Hirnforschung bzw. Biologie leistet ihren Teil auf der einen Seite und die Astronomie auf der anderen Seite. Es kommt nicht nur auf genaue Beobachtungen an, sondern auch auf deren sachgemäße Interpretation und insbesondere auch auf die richtige Einschätzung des Interpretationswerkzeugs (des Gehirns). Genau genommen gibt es auch hier einen ganzheitlichen Zusammenhang zwischen Subjekt und Objekt.

Mit freundlichen Grüßen
K.T.




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