Re: Zu Hirnforschung hard- und Software...


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Abgeschickt von Aribert Böhme am 10 April, 2010 um 17:04:02

Antwort auf: Re: Zu Hirnforschung hard- und Software... von Henry Grimmer am 09 April, 2010 um 15:04:36:

Sehr geehrter Herr Grimmer,

zu Ihrer Aussage „...Alles, was uns die Heisenbergsche Unschärferelation sagt ist doch, dass wir eben NICHT in der Lage sind, „tiefer liegende“ Dimensionen zu erkennen;...“: Soweit völlig richtig. Sobald jedoch diese „innere Struktur“ verlassen wird, muss auch die Aussagekraft der Heisenbergschen Unschärferelation neu bewertet werden.

Zu Ihrer Aussage „...unsere physikalische Erkenntnisfähigkeit (ausgedrückt in den Formalismen z. B. der Quantenmechanik oder der allgemeinen Relativitätstheorie) endet dort, wo keine Aussagen mehr über kausale Zusammenhänge gemacht werden können, siehe Planck-Länge bzw. Planck-Zeit. ...“: Dafür gilt Entsprechendes. Zudem sei darauf aufmerksam gemacht, dass „Aussagen“ nicht zwingend an eine „physikalische Erkenntnisfähigkeit“ gebunden sind. „Physikalische Erkenntnisfähigkeit“ trägt zwar nachweislich in vielfältigsten Zusammenhängen zu neuen „Aussagen über kausale Zusammenhänge“ bei, ist aber – neben vielen anderen „Zugängen“ eben „nur“ eine Option unter anderen; nicht mehr, und nicht weniger.

Zu Ihrer Frage „Was verstehen Sie unter einem „größeren Kontext“?:“ Damit ist gemeint, dass wissenschaftliche Aussagen – ganz gleich welche – grundsätzlich in dem Wissen betrachtet werden sollten bestenfalls partielle „Mosaiksteinchen“ eines „großen Ganzen“ abbilden bzw. verstehbar werden lassen zu können. Nicht zuletzt dieser im Kern eher bescheidene Denkansatz, der vor allem auch von Prof. Hoimar von Ditfurth konsequent vertreten wurde, wird leider nur zu oft sträflich ignoriert. Man denke z. B. „nur“ einmal an die „aktuelle Cern-Diskussion“, bei der schnell klar wird, dass hier eine Wissenschaftsgläubigkeit – wider klarer und deutlicher Warnhinweise, wider gesicherten Wissens – ignorant „über die Köpfe der Menschheit hinweg“ kühl und rücksichtslos – unter bewusster Ausblendung ggf. existenziell bedrohlicher Gefahren - „durchgezogen“ wird. Einen „größeren Kontext“ könnte man – anders formuliert – auch als „erweiterten Blickwinkel“ ansehen. Dazu ein anschauliches Beispiel: Angenommen, eine Strukur S1 sei eingebettet in eine umfassendere Struktur S2, aus der S1 hervor geht. Die „Bewohner“ der Struktur S1: m(1), m(2),... m(i) entwickeln innerhalb ihrer Struktur S1 „ihre Wissenschaft“, die aus der Sicht der Struktur S1 in sich konsistent sein mag. Aus der Sicht der umfassenderen Struktur S2 könnte sich die Sichtweise der Bewohner m(1), m(2) usw. jedoch ggf. als „anders“ darstellen. Mit Blick auf den Begriff „Chaos“ könnte dies z. B. bedeuten, dass Strukturen, die aus der Sicht der Bewohner m(1), m(2) usw. „chaotisch“ sind, sogleich in eine „geordnete Struktur“ überführt werden können, sobald „der Blickwinkel“ erweitert wird; sprich, sobald ein „größerer Kontext“ angenommen wird.
Ihre sehr gute Formulierung „ Ich vermute, dass viele Streitgespräche sich als überflüssig erweisen würden, wenn im Vorfeld die Begriffe und der gemeinte Zusammenhang geklärt wären„ spricht ein ebenso wichtiges wie erwiesenermaßen fundamentales Kernproblem jeglicher Kommunikation an; nicht zuletzt auch der menschlichen. Stimmt, Konflikte unterschiedlichster Größenordnungen – kleine wie große – lassen sich vor allem im Rahmen psychologisch motivierter Kommunikationsanalysen nahezu immer darauf zurückführen, dass die an einer Kommunkation beteiligten Menschen oftmals unterschiedliche, teils sich sogar widersprechende Vorstellungen von der Bedeutung der verwendeten Wörter haben. Dies sei hier nur kurz angedeutet, denn die Hintergründe zu erläutern, sprengte hier schlichtweg den Rahmen.
Zu Ihrer Frage „Verstehen Sie unter „Gehirn“ in Ihrem Zusammenhang ganz allgemein eine physische Grundlage als Voraussetzung für „Denkfähigkeit“ bzw. „intelligentes Denken? Oder denken Sie eher an „Schwarmintelligenz“, siehe Fische, Vögel, Insekten?“: In dem besagten Kontext beziehen sich meine Ausführungen auf Ihre erstgenannte Vermutung.
Ihre Ausssage „Ein Thermostat, der bei Bedarf die Heizung ein oder ausschaltet, „handelt intelligent“ , könnte man sagen, aber er ist sicher nicht intelligent.„: spricht eine der zentralen Kernfragen der KI-Forschung an. Gegenwärtig ist diese Frage noch offen. Ebenso ließe sich fragen, ob ein Mensch, der „intelligent handelt“ auch „intelligent ist“? Ihre Ausgangsfrage bringt – bewusst oder unbewusst – ein bei vielen Menschen vorhandenes Unbehagen zum Ausdruck, anzuerkennen, ob „Maschinen“, die „intelligent handeln“ sogleich auch als „intelligent“ anzusehen sind, oder nicht?! Beispiele, die sowohl die eine wie auch die andere These stärken, gibt es viele, wobei der Hinweis wichtig ist, dass sich diese keineswegs nur auf „Maschinen“ sondern ebenso auch auch „Menschen“ anwenden lassen. Insbesondere eine in den letzten Jahren verstärkt zu beobachtende, interdisziplinäre Forschung (Hirnforschung, Neuroinformatik, Psychologie, Sprachwissenschaft usw.) lassen inzwischen eine leise Hoffnung aufkommen, dass auch solche Frage zunehmend einer schlüssigen und verifizierbaren Erklärung zugeführt werden könnte. Soweit ich das zu beurteilen vermag, scheint u. a. auch die Antwort auf diese Frage (noch) offen zu sein. Eines ist aber auf jeden Fall schon heute klar: Die „Kränkung“, die der Mensch im Zusammenhang mit neueren Forschungsergebnissen aus den Bereichen Hirnforschung, Neuroinformatik usw. erfährt, übersteigt sämtliche „Kränkungen“ vorhergehender Zeiten in der Menschheitsgeschichte. Warum? Weil sich „künstlich intelligente Systeme“ mehr und mehr dahin entwickeln, Fähigkeiten zu übernehmen, von denen sehr viele Menschen (auch heutzutage noch) ernsthaft glauben, sie seien für alle Zeit der Struktur Mensch vorbehalten; was faktisch schon längst nicht mehr stimmt. Daraus resultiert ein wachsendes Spannungsfeld, das – verständlicherweise – für viele Menschen kaum erträglich erscheint.

Mit freundlichen Grüßen
Aribert Böhme



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