Abgeschickt von Peter Niemann am 07 September, 2011 um 16:38:25
Sehr geehrte Forumbesucher ,
es gibt nur noch wenig Bewegung in diesem Forum. Komme ich zu spät? Ist HvD wirklich schon sooo weit weg? Dann möchte ich zu einem Thema, das hier vor 6 Jahren behandelt wurde, wenigstens noch meine Auffassung nachtragen:
Wenn ich einen Glauben habe, dann den an die Existenz eines freien Willens. Etlichen wissenschaftlichen Meinungen zum Trotz und auch etwas abweichend von HvD's Auffassung im Apfelbuch S.289. Und über den, der meinte, man könne zwar tun, aber nicht wollen, was man will, streiten sich die Gelehrten immer noch. Aber ist dieses Wollen vielleicht nur die Folge einer vorausgegangenen freien Entscheidung? (War zuerst das Ei da oder die Henne?)
Mein aktueller Wille besteht aus einer unübersehbaren Fülle freiwillig aus Erfahrungen gewonnener Absichten, und trotzdem kann ich mich noch im allerletzten Moment anders entscheiden, und sei es nur, um das zu beweisen. Genausogut kann ich meine Entscheidung einer überraschend veränderten Umweltsituation anpassen, sogar die Veränderung sofort in den Erfahrungsspeicher aufnehmen, künftige Willensentscheidungen vorbereitend. Diese wären dann nicht mehr direkt frei, aber doch durch eine freie Entscheidung zustandegekommen. Wäre es anders, dann hätte es keinen Sinn, sich um irgendetwas zu bemühen oder irgendetwas vermeiden zu wollen, denn alles Geschehen folgte eindeutigen Naturgesetzen, göttlicher Vorherbestimmung oder dem Zufall. Es gäbe keine Freiheit. Es gibt aber die Freiheit, behaupte ich, und zwar unabhängig davon, ob wir das erklären können oder nicht. Die Natur richtet sich nicht danach, ob wir sie erklären können oder nicht. Das mag man bedauern, aber es ist besser, Erfahrungen zur Kenntnis zu nehmen anstatt sich reduktionistischer oder irrationaler Besserwisserei zu überlassen - mit anschließendem Katerfrühstück.
Im Umkehrschluß: Wenn man den Glauben an die Willensfreiheit total verliert, dann verliert man auch sie, denn es wäre ja unlogisch, sich der Mühe zu unterziehen, von einer Willensfreiheit Gebrauch zu machen, die es garnicht gibt. (S. auch "Gefühl und Verstand").
Wenn dann also die felsenfeste verstandesmäßige Überzeugung, es gäbe keine Willensfreiheit, zum Gefühl wird, das die Person steuert, ohne daß sie noch etwas dagegen unternehmen kann, bedeutet das wohl die Entmachtung des Ichs - durch einen Irrtum - und da hört dann jeglicher Spaß auf!
Peter Niemann , 10178 Berlin .