Abgeschickt von Peter Niemann am 08 September, 2012 um 20:29:06
Hier in Berlin-Mitte und fast vor meiner Haustür soll - wie die "Berliner Zeitung" titelte - ein "Bethaus für drei" Religionen gebaut werden. Ich schrieb einen Leserbrief:
"Sich um Frieden zwischen den Religionen zu bemühen ist sinnvoll. Aber wäre es vielleicht noch sinnvoller, auf Religionen - es gibt 8000 - zu verzichten? Denn sowohl der Theismus als auch der Atheismus stellt gleichermaßen Behauptungen auf, die menschliche Erfahrungsmöglichkeiten und menschliches Erkenntnisvermögen überschreiten. Das verleitet Menschen, die glauben, eine absolute Erkenntnis erlangen zu können, zum Fundamentalismus und begünstigt rational nicht begründbare Feindseligkeiten zwischen Menschen. Den Anspruch der Religionen, Unfaßbares faßbar vermitteln zu können, halte ich für unerfüllbar, da jeder Glaubenssatz immer wieder nur zur nächsten Frage führt (wie auch jede wissenschaftliche Erkenntnis). Unabhängig davon und sogar ohne rationale Begründung wäre eine religiöse Vermutung ein Erkenntnisfortschritt, wenn sie wahr wäre. Dafür oder dagegen konnte jedoch trotz jahrtausendelanger intensiver Bemühungen bisher kein seriöser Nachweis erbracht werden. Deshalb halte ich den vollständigen Verzicht auf jede letzte Aussage für die realistischste Anschauung, die ein Mensch haben kann. Es soll jedoch nicht bestritten werden, daß Religion vielen Menschen Lebenssicherheit gibt und Inspiration zu konstruktivem schöpferischen Denken und Handeln."
Daß Wissenschaft keineswegs zur "Entzauberung" der Welt führen muß, hat nicht nur HvD immer wieder mit großem Nachdruck betont. Jede neue Erkenntnis gab den Blick frei auf neue Fragen. "Die Welt ist nach oben offen", jedenfalls für uns. Das wird und sollte wohl auch so bleiben solange unsere Spezies existiert.
Peter Niemann,
Berlin, am Petriplatz.