Re: Ein Bethaus für drei - ja bitte


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Abgeschickt von Walter Keil am 08 September, 2012 um 22:41:44

Antwort auf: Ein Bethaus für drei von Peter Niemann am 08 September, 2012 um 20:29:06:

Hallo Herr Niemann,
ich frage mich, was Sie eigentlich verinnerlicht haben, wenn Sie von der Plattform eines bürgerlichen Lebens aus, sich mit der Logik dem Religiösen nähern. Ein Bethaus für Sie so zum Stein des Anstoßes wird.
Ich denke, Sie sehen eher doch in einem Atheismus einen stabilen vernünftigen Ankerplatz, um das Religiöse als unvernünftige und überholte Kultur herab zu stufen.
Ein Bethaus ist für Sie schon wohl ein rotes Tuch.
Die Zahl 8000 werfen Sie wohl als Maßstab der Absurdität in den Ring.
Schauen Sie besser nicht auf die Gläubigen herab, dafür gibt es keinen Anlass.

Ich sag mal, Atheismus geht oft leicht in Arroganz über, weil ja nur ein lächerlich kleiner Ausschnitt der Wirklichkeit von uns verstanden wird und nun gleich, die damit verbundene Logik und Wissenskultur absolut gesetzt wird.
Richard Dawkins ist ein gutes Beispiel dafür.
In Amerika gibt es zudem atheistische Bewegungen, die sich „The Brights“ oder auch „Arrogant Atheists“ nennen, die den evolutionären Werdegang der Welt als „natürliches Geschehen“ ohne tiefere Bedeutung ansehen und nun damit die Existenz eines Gottes als widerlegt ansehen. Für mich ein pseudo-intellektuelle Kultur.

Ich kann generell eine Ausblendung religiöser Kultur nicht für gut heißen. Ich werde mich so nie über meine Eltern lustig machen, die ganz einfache Leute waren, An Ostern und Weihnachten in die Kirche gingen und kräftig dabei an Gott glaubten und nur beteten, wenn es ihnen schlecht ging. Als Menschen brauchten Sie Bezugspunkte, geistige Ankerplätze, um sich in der Gesellschaft und in einer Gesamtwirklichkeit brauchbar einordnen zu können.

Ich selbst brauche in Stunden tiefster Niedergeschlagenheit die Gewissheit einer liebevollen göttlichen Heimat, z. Bsp in der letzter Vergangenheit, um den Tod von nahen Angehörigen zu verkraften. Das Leben fügt uns heftigste seelische und manchmal auch körperliche Verletzungen zu, die uns richtig traumatisieren.
Sagt der Atheist dann: tröste mich nicht, ich bin nur dummerweise niedergeschlagen, aber das hat eigentlich keinen Sinn. Weil ja alles sinnlos ist, muss ich einfach meinen Schmerz ausblenden.
Also lassen Sie ruhig das Bethaus zu, Religion hat einen psychologischen Sinn und ich denke einen wahren Kern. So wie gute Nacht Geschichten.
Verlassen Sie sich nicht auf Vernunft, sie hat ein Verfalldatum !

Kurzes Schlaglicht auf die Vernunft:
Eins und eins = zwei – das ist logisch !
Eins und eins = drei - das ist biologisch.

Wie kann heute, von vernünftigen Biologen, die Ultra-Komplexität der Lebewesen und ihr über ungeheure Zeitepochen eingespieltes Dasein in der Biosphäre mit dem Attribut „sinnlos“ beurteilt werden?
Das erscheint absolut unvernünftig !
Wie ich in meinem Thema „Epochale Entdeckung im Verständnis der Gene“ schreibe,
werden die Beweise für die Anwesenheit einer „Masterprozess-Steuerung“der Wirklichkeit immer größer. Religion ist dann für mich eine Vorstufe der Aufklärung. Eine Aufklärung in Richtung, unsere Wirklichkeit ist eine Konstruktion. Dann wäre Religion eine vernünftige Vorstufe der Aufklärung.
Sie, also, Sie persönlich, sind genauso wie ich und alles was lebt, das Ergebnis eines niemals ruhenden genetischen Steuerungs- und Aufbauprozesses, der einen großen historischen Prozess des Universums ohne Stillstand darstellt.
Ein Ich ist also immer ein Entwicklungsprodukt mit Verfallsdatum.
Als Mensch ist man somit natürlich auch einfach nur Universum, weil alle Phänomene ineinander übergehen und in Wechselwirkung stehen und im Grunde eine Einheit darstellen.

Unsere erlebte Welt beginnt dabei in jeder Sekunde im Mikrokosmos. Unsere persönliche Oberfläche, unsere Haut, besteht wie alle Oberflächen aus elektrischen Ladungen, die nach nicht nachvollziehbaren Regeln, nämlich der Quantenzufallsstatistik, sich um Ihre Atomkerne bewegen. Sie und ich und alle Materie wird im Mikrokosmos aus bewegten Elementarteilchen erzeugt.
Wer wie Richard Dawkins die Quantenphysik nicht benötigt, um eine Wirklichkeit
als eine natürlich gegebene und sinnlose zu beschreiben, ist für mich ein Scharlatan.
Zumal bei ihm das Geistige erst mit dem Menschen beginnt, rein zufällig. (Theorie der Meme)
Sprache ist was Geistiges, der genetische Code ist eine Sprache schon lange vor dem Menschen.

Im Universum steht also nichts still – absolut nichts -- Wahrheit ist schon deshalb relativ. Hannes Wader sang im Lied „Heute hier morgen dort“ folgende Zeile:
„Denn was neu ist wird alt und was gestern noch galt - Stimmt schon heut' oder morgen nicht mehr“
Das ist zwar, denke ich, ursprünglich eher nicht tief philosophisch gemeint, wirkt aber so.

Ich persönlich glaube ziemlich, wenn auch nicht umfassend an Jesus Christus.
Sein Erscheinen in der Geschichte der Menschheit war wohl zu so einem Zeitpunkt der Entwicklung von Bedeutung. Denn er wollte mit seinen Wundern und Aussagen einen geistigen Orientierungspunkt setzen, damit die zukünftige Aufklärung und der damit verbundene Bewusstseinswandel nicht als ein profaner und unsinniger Weltverlauf gedeutet wird.

Aber ich sehe auch, das Religion der Weiterentwicklung unterliegt, und nicht so einfach
stillstehen kann.

Mit freundlichen Grüßen
Walter Keil





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