Abgeschickt von Klemens Taplan am 04 Oktober, 2006 um 20:38:31:
Sehr geehrte Forumsbesucher/innen,
nachdem Herr Keil das Thema in der Vergangenheit zweimal angesprochen hat, hier eine Buchempfehlung:
"Kyoto PLUS - So gelingt die Klimawende" von Lutz Wicke, Peter Spiegel und Inga Wicke-Thüs (C.H.Beck, ISBN 978 3 406 55 127 7)
Bereits im Vorwort macht Klaus Töpfer, ehemaliger Direktor des UN – Umweltprogramms, deutlich, dass der Klimawandel eine globale Realität ist und nicht eine Prognose für ferne Zeiten und Regionen.
Das Buch gliedert sich in drei Teile. Im ersten Teil wird der Treibhauseffekt aus naturwissenschaftlicher Sicht beschrieben einschließlich seiner Folgen, der zweite Teil beschreibt die derzeitige verfahrene politische Situation von Kyoto I und im dritten (konstruktiven) Teil erläutern die Autoren mit Kyoto PLUS ein realisierbares Nachfolgemodell für Kyoto I.
Lutz Wicke, verantwortlich für das Gesamtkonzept des Buches, erstellte für das Umweltministerium Baden-Württemberg drei Gutachten, in denen er die Klimaproblematik analysierte. Auf Basis dieser wissenschaftlichen Arbeiten ist das Buch entstanden.
Die naturwissenschaftlichen Grundlagen sind verständlich erläutert. Die Autoren lassen keinen Zweifel daran, dass es neben dem lebensnotwendigen natürlichen Treibhauseffekt (Erhöhung der Erdtemperatur im Laufe seiner Geschichte um 30 Grad Celsius) einen anthropogenen Treibhauseffekt gibt, der bislang eine Erwärmung der Erdtemperatur um 0,6 Grad Celsius zur Folge hatte. Wissenschaftliche Untersuchungen, insbesondere Eiskernbohrungen in der Antarktis, ergeben, dass das bisherige Gleichgewicht gestört ist. Seit Beginn der Industrialisierung liegt die Zunahme des Kohlendioxids in der Atmosphäre signifikant außerhalb der natürlichen Schwankungsbreite der vergangenen Jahrtausende.
Das bestehende Kyoto I – Klimaschutzabkommen leistet keinen messbaren Beitrag zum Klimaschutz. Das liegt nicht nur daran, dass USA u. Australien das Abkommen nicht ratifiziert haben. Auch die OECD - Industriestaaten werden, trotz Selbstverpflichtung zur Reduzierung der Klimagasemissionen, ihre Kohlendioxidemissionen in der Verpflichtungsperiode bis 2012 um ca. 25 % steigern. Die USA gehen keine Verpflichtung ein, solange die Entwicklungsländer nicht aktiv integriert sind. Diese erwarten eine Selbstbeschränkung des größten Emittenten USA, bevor sie sich selbst auf Klimaschutzmaßnahmen einlassen.
Wie muss ein wirksamer Klimaschutz aussehen? Ist ein weltweites Klimaschutzsystem möglich, das nach marktwirtschaftlichen Kriterien funktioniert, von allen Nationen anerkannt wird und darüber hinaus wirksam ist?
Unter dem Namen "Kyoto PLUS" wurden Mindestforderungen für ein künftiges Klimaschutzprogramm definiert. Hierzu gehören ein klares Klimaziel, die Schaffung von weltweiten Anreizen zum klimafreundlichen Verhalten, die Vermeidung wirtschaftlicher Überlastungen einzelner Staaten sowie die Einbeziehung aller Nationen in die Vereinbarungen. Aus der max. zulässigen Temperaturgrenze von +2 Grad Celsius (diese Steigerung scheint unvermeidbar zu sein) ergeben sich max. Emissionswerte für Kohlendioxid. Diese Menge lässt sich rechnerisch auf alle Menschen verteilen. Damit ergibt sich für jedes Land der Erde die max. zulässige Emissionsmenge, die in Form von Klimazertifikaten auf dem freien Markt gehandelt werden kann. Da die Industrienationen mit ihren Emissionen weit über dem Durchschnitt liegen, müssen sie Klimazertifikate von den Entwicklungsländern kaufen. Diese können das Geld für den Aufbau ihrer eigenen Wirtschaft verwenden. Die Industrieländer haben Anreize, schnellstmöglich umweltschonende Techniken zu entwickeln und einzusetzen, da sie dann weniger Klimazertifikate hinzukaufen müssen. So etwa soll – vereinfacht dargestellt - Kyoto PLUS funktionieren.
Ist auf einer solchen Basis ein wirksamer Klimaschutz möglich?
Im Übrigen stimme ich Herrn Keil zu, dass Veränderungen des Klimas heute spürbar sind (Nordpol, Alpen, Hochwasser, ...).
MfG
K.T.