Abgeschickt von Klemens Taplan am 04 Juni, 2010 um 18:34:00:
Antwort auf: Re: Eckart Löhr: HvD-Aspekte seines Denkens / Geist-Materie von Henry Grimmer am 04 Juni, 2010 um 14:44:10:
Hallo Herr Grimmer,
der methodische Atheismus lässt für gläubige Menschen Freiräume offen. Sie haben mich da richtig verstanden. Ihrer Aussage „Die Naturwissenschaften können niemals das „Warum“ der Welt erklären“ stimme ich voll zu. Die Naturwissenschaften beschäftigen sich mit dem „wie“.
Wenn Sie im biblischen Gleichnis vom Baum der Erkenntnis keinen Sündenfall sehen, sondern die Aufforderung, sich von aller blinden Autoritätsgläubigkeit zu befreien und das Leben in eigener Verantwortung zu gestalten, empfehle ich Ihnen von Erich Fromm das Buch „Ihr werdet sein wie Gott“ - vielleicht kennen Sie es ja schon.
Geist oder - konkreter auf den Mensch bezogen - „Ich-Bewusstsein“ können wir nicht erklären, weil das Objekt, welches erklärt werden soll identisch ist mit dem Subjekt, welches erklärt. „Gibt es die Menge aller Mengen, die sich selbst nicht als Element enthält?“, fragte einst Bertrand Russel und deckte Widersprüche in der Mathematik auf. Es fehlt die Metaebene, eine Art kosmisches Bewusstsein, von der aus betrachtet „Ich-Bewusstsein“ vielleicht erklärt werden könnte.
Wenn man den Dualismus ablehnt, spricht vieles dafür (oder vorsichtiger ausgedrückt: könnte es sein), dass Geist eine Eigenschaft der Materie ist. „Konstrukt“ hört sich für mich so an, als ob jemand was konstruiert hat. Deshalb gefällt mir der Begriff „Eigenschaft“ besser. Wenn wir die evolutionäre Erkenntnistheorie ernst nehmen, leben wir in dem Bild, das wir uns von der Welt machen.
Wellen und Teilchen sind Modellvorstellungen. Wir bekommen beides zusammen nicht unter einen Hut, aber das müssen wir auch nicht. Die Natur muss sich nicht so verhalten, dass wir sie verstehen. Die Evolution verläuft nach anderen Gesetzen ab – Überleben ist ein solches Gesetz.
Energie und Materie sind wesensgleich. Wäre es nicht so, könnten sie nicht wechselwirken. Allen Aussagen, die Geist mit physikalischen Begriffen in Verbindung setzen, stehe ich skeptisch gegenüber. Das ist nicht Aufgabe der Physik. Kategoriefehler sind vorgezeichnet.
Mit freundlichen Grüßen
K.T.