Abgeschickt von Helmut Pfeifer am 09 Juni, 2010 um 19:42:22
Antwort auf: Re: Eckart Löhr: HvD-Aspekte seines Denkens / Geist-Materie von Klemens Taplan am 04 Juni, 2010 um 18:34:00:
: Hallo Herr Taplan und Diskutanten,
Das von Ihnen angesprochene Buch von Eckart Löhr erscheint interessant- hoffentlich ist es auch in Österreich erhältlich.
Die von Ihnen zitierten Themen werden von HvD besonders in seinem Buch "Wir sind nicht nur von dieser Welt" behandelt. Ich habe mich auch schon mit diesem Werk auseinander gesetzt und möchte einige Gedanken daraus im Folgenden präsentieren:
Eingehende Analysen bezüglich des Ablaufs der Evolution haben Wissenschaftler zu der Annahme gebracht, dass sich "Leben" so zu sagen als "unvermeidlich" ergeben hat. Zusammengefasst wurde dies unter dem Begriff "anthropic principle". Offen ist lediglich in welcher Form und Gestalt sich Leben jeweils konkret realisiert hätte, weil man von einer geschichtlichen "Offenheit" der Evolution ausgehen muss. Diese ergibt sich aus dem unvorhersehbaren Ergebnis des Zusammenwirkens von mutativem Zufallsangebot und der daraus auswählenden ( selektierenden) Umweltkonstellation.
HvD beschäftigt sich in diesem Buch mit dem Auftauchen und Verbreitung psychischer Phänomene in der Welt der Materie. Er meint, Voraussetzung hiefür waren organische Strukturen, nämlich kompliziert gebaute Nervensysteme, welche diese Entwicklung bis hin zum reflektierenden Bewußtsein ermöglicht haben. Und es besteht kein Zeifel, dass insbesondere individuelles Bewußtsein an materielle Gehirne gebunden ist.
Dies beantwortet aber nicht die Frage, welcher Zusammenhang zwischen der sich in der materiellen Welt abspielenden Evolution und den darin auftretenden Phänomene des Geistes besteht.
Hat die Evolution den Geist hervorgebracht, ja oder nein?
HvD meint, man kann die verschiedenen Argumente nur abwägen, wobei solche, welche für eine dualistische Auffassung sprechen, plausibler erscheinen. Mit anderen Worten, es ist eher wahrscheinlich, dass der "Geist" von Anfang an selbstständig und unabhängig von der Materie existiert hat und nicht erst von der Evolution gleichsam aus dem "Nichts" erzeugt wurde.
Diese Auffassung steht im Widerspruch zur monistisch naturwissenschaftlichen Sichtweise, die sich auf die Erforschung materieller bzw. räumlich strukturierter Systeme beschränkt. Der Monist bezeichnet das "Lebendige" als eine "neue Systemgemeinschaft" materieller Systeme, die sich im Verlaufe der Evolution allmählich manifestiert habe. Gemeint sind etwa hochmolekulare Verbindungen, so genannte Biopolymere, welche sich in komplexen Strukturen zusammen gefügt haben, woraus das neuartige Phänomen des Lebendigen entstanden ist.
Im Gegensatz zu materiellen Systemen, die sich stets in räumlichen Dimensionen präsentieren, ist das Geistige ein unlokalisierbares, nichträumliches Phänomen, welches uns nur durch subjektive Selbsterfahrung zugänglich gemacht wird, weil es durch keine empirische Methode zu erfassen ist.
Diese Einsicht dokumentiert HvD mit folgendem bemerkenswerten Satz:
" Der dialektische Sprung vom Atom zur Zelle, von einem physischen Quantum zu einem organischen Quale ist via Aminosäure nicht so schwierig nachzuvollziehen, als von der Zelle zum Gedanken, also von einem organisch gewordenen Quantum zu einem psychisch sich selbst reflektierenden Quale."
So weit einige Gedanken aus diesem Buch.
Das Verhältnis Gehirn - Gedanken ist auch ein sehr schwierig erklärbares Phänomen. Mit dieser kniffligen Frage möchte ich mich, mit Hilfe von HvD, nächste Woche beschäftigen.
Mit besten Grüßen
Helmut Pfeifer