Abgeschickt von Henry Grimmer am 16 Februar, 2010 um 13:50:10
Antwort auf: Int. Erkenntnisse der Hirnforschung von Helmut Pfeifer am 13 Februar, 2010 um 18:06:11:
Hallo, Herr Pfeifer!
Ihr Beitrag bzgl. der Hirnforschung
Besonders die Erkenntnis, dass das Gehirn „ein geteilt organisiertes System“ ist, find ich in Hinblick auf reduktionistische Ansicht bemerkenswert, dass sich geistige Tätigkeiten auf ganz spezielle Bereiche des Gehirns einengen ließen. Meines Erachtens widerlegt das die These (zumindest teilweise), ich „sei“ mein Gehirn, ich bräuchte nur zu wissen, wo im Gehirn etwas geschieht, um über mein Selbst Erkenntnis zu gewinnen. Es scheint die Struktur „an sich“ zu sein, die Erkenntnisprozesse bewerkstelligt, die gemessenen Aktivitäten in Teilbereichen sind also nicht Auslöser, sondern Folge von geistiger Tätigkeit. Radikal zeigt sich das z. B. im Falle eines Menschen, über den letztens ein Bericht im Fernsehen gezeigt wurde, dem auf Grund schwerster epileptischer Anfälle eine Gehirnhälfte entfernt worden war, und der – bis auf eine kleine Gehbehinderung – körperlich und geistig auf voller Höhe war. Der Mann war zur Zeit der Operation in der Pubertät, viele Strukturen waren also schon ausgereift, der Bericht zeigte ihn im Erwachsenenalter. Ich vermute, dass ohne eine übergreifende Struktur im „Hintergrund“ das Gehirn nicht in der Lage gewesen wäre, sich ohne Weiteres auf eine so stark veränderte Situation ein zu stellen; es hatte im Übrigen auch keine Zeit zu einer längeren Anpassungsperiode, die Operation erfolgte, und das war es.
Allerdings ist damit aber keineswegs geklärt, WAS diese Struktur denn nun eigentlich ist.
Ich sehe wie Sie einen möglichen Zusammenhang zu allgemein sich selbst organisierenden Systemen. Ich vermute allerdings qualitative Unterschiede. Handlungsabläufe in vielen sich selbst organisierenden Systemen lassen sich nämlich auf einige wenige, ganz einfache Vorgaben zurückführen. Ich denke da z. B. an die Erzeugung von Blüten oder auch Bäumen durch den Rechner, wo man mit einfachen Algorithmen zu verblüffenden Ergebnissen kommt, sieh z. B. auch „Mandelbrot-Fraktale“. (Letztlich geht es wohl darum, das Muster einer komplexen Struktur zu erkennen).
Der Insektenstaat funktioniert auf eben solchen, einfachen Vorgaben, was uns so komplex erscheint, folgt einem simplen Prinzip: Geruch ja oder nein, und wenn „ja“, dann welcher – um es wirklich sehr verkürzt zu sagen.
Was mir Bauchschmerzen bereitet, ist die Annahme der „Zielgerichtetheit“ solcher Handlungsabläufe. Letztlich geht es nur um Versuch und Irrtum. Wenn die Amöbe sich dem Licht nähert, bewegt sie sich weiter in die Richtung der Quelle, kommt sie vom Weg ab, weicht sie nach links oder rechts aus, um sich wieder auf die richtige Richtung einzupendeln. Das einzige, was als Ziel vorgegeben ist, ist das genetisch festgelegte „Hin zum Licht“, bzw. zur Energie. Die Handlung selbst ist aber nicht zielgerichtet. Auch hier sieht man schon, dass es nicht hilft, das System isoliert zu betrachten, es ist nur in der „richtigen“ Umwelt sinnvoll. Alle Handlungen innerhalb des Insektenstaates würden selbst bei radikalster Änderung der Umwelt in immer gleicher Art ablaufen, und der Staat ginge zugrunde.
Für mich gehört zu zielgerichtetem Handeln, sich des Zieles auch bewusst zu sein, oder anders – ohne Bewusstsein gibt es kein zielgerichtetes Handeln.
Und – wie Sie anführen – ein hoch interessantes Thema, allemal.
Mit freundlichen Grüßen
Henry Grimmer