Abgeschickt von Klemens Taplan am 15 November, 2005 um 18:47:15
Antwort auf: Wir sind nicht von dieser Welt, S. 153-190 von Florian Schumacher am 13 November, 2005 um 18:02:25:
Hallo Florian Schumacher,
ein paar kleine Anmerkungen zum Thema:
Der naive Realismus "Die (objektive) Welt ist so, wie ich sie wahrnehme", wurde bereits von Platon entlarvt. Er erkannte, dass wir – bildlich gesprochen – nur "Schatten" der objektiven Wirklichkeit wahrnehmen (s.h. Platons Höhlengleichnis).
Ausführlich hat sich Kant mit dieser Frage beschäftigt. Seine nüchterne Erkenntnis: Die Realität (objektive Wirklichkeit) ist für den Mensch nicht greifbar. Raum, Zeit und Kausalität (und einige weitere von Kant definierte Kategorien) sind angeborene Vorurteile über die Welt. Wie die Welt an sich ist, erfahren wir nicht. Die Frage, warum die angeborenen Denkstrukturen so gut zur realen Welt passen, konnte Kant nicht beantworten.
Die Antwort lieferte die "Evolutionäre Erkenntnistheorie", mit der sich HvD intensiv beschäftigt hat. Angeborene Erkenntnisformen sind Erfahrungen über die Welt, die nicht das Individuum, sondern die Art in Jahrmillionen evolutionärer Entwicklung erworben hat. Wir nehmen die Welt daher nicht so wahr, wie sie ist, sondern so, wie es für unser Überleben zweckmäßig und notwendig erscheint. HvD hat hierzu mal ausführlich das (aus unserer Sicht äußerst primitive) (Er)Leben einer Zecke beschrieben. Das Leben ist ein "erkenntnisgewinnender Prozess" (so Konrad Lorenz) und das herrschende Prinzip "biologisch zweckmäßig" ist nicht gleichzusetzen mit "wahrheitsgetreuer Abbildung".
Das Buch "Wir sind nicht nur von dieser Welt" halte ich für eins der interessantesten Bücher von HvD. Ich empfehle aber unbedingt auch "Der Geist fiel nicht vom Himmel".
Mit freundlichen Grüßen
Klemens Taplan