Abgeschickt von Henry Grimmer am 14 November, 2008 um 15:35:33
Antwort auf: Re: Ist Simulation des Urknalls möglich? von Helmut Pfeifer am 06 November, 2008 um 21:52:40:
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Herr Pfeifer, Hallo!
Zunächst einmal – ich freue mich immer über einen Disput, und ich glaube, wir gehen einer Meinung, dass es nicht der Sinn sein sollte, jemanden zu überzeugen, sondern vom jeweils anderen (aber auch von sich selbst) zu lernen; zumindest sollte das im Idealfall so sein.
Der Urknall – vielleicht kommen wir da irgendwann mal zusammen, für mich jedenfalls fand er eben nicht in dem statt, was wir Universum nennen, der Kosmos ist durch dieses Ereignis ja erst entstanden, das ist doch der Grund, warum man nichts über den Urknall aussagen kann.
Eigentlich ist das jetzt schon ein Fall für die Quantenmechanik, ich möchte Ihnen auch nicht vorgreifen, weise aber darauf hin, dass sich Aufhebung von Ursache und Wirkung (in kleinsten Dimensionen) möglicherweise nicht als relevant herausstellt, weil auch in dieser Theorie die Elementarteilchen als punktförmig betrachtet werden und es somit eine Frage der Mathematik ist (ich verweise auf die Superstringtheorie).
Tja, Objekt, Masse und Gewicht! Zum Einen sei gesagt, dass Newton sich gar keine Gedanken darüber gemacht hat, was denn die Gravitation eigentlich sei, das hat er seinen geneigten Lesern überlassen, zum Anderen ist nach Einstein die Gravitation eine Frage der Geometrie der Raumzeit. Das Masse eine Kraft (nach) Newton ausübt oder nach Einstein den Raum und die Zeit (eigentlich ist die Zeit bei „normalen Verhältnissen“ sogar viel stärker betroffen als der Raum) krümmt, ist ja überhaupt nicht strittig. Einer von Einsteins genialen Gedanken ist nun, das er Beschleunigung und Gravitation gleich setzte, das heißt, ein Beobachter in einem geschlossenen Raum, der keine Information über seine Außenwelt erhält, kann unter keinen Umständen entscheiden, ob er beschleunigt wird oder einem Gravitationsfeld ausgesetzt ist. Das führt zum Äquivalenzprinzip der allgemeinen Relativitätstheorie, nämlich die Forderung Einsteins, dass die Naturgesetze überall, zu jeder Zeit und von jedem Beobachter (der sich in diesem Sinne als ruhend betrachten kann) gleich sein müssen.
Der freie Fall, für den sie den Flug in einer Raumstation anführen, kommt durch das Zusammenwirken von Gravitation und Beschleunigung zustande, ist also gerade kein Beispiel für das Fehlen von Krafteinwirkungen. (Der Sonderfall besteht hier darin, dass die Raumstation so stark beschleunigt wird, dass die Stärke des Gravitationsfeldes ausgeglichen wird). Sie übersehen, dass die Gravitation eine unendliche Reichweite hat, man kann ihr nicht entkommen (das ist allerdings ein Ideal), schon gar nicht nach erst 300 km (die Erde betreffend).
Der einzige Fall, in dem keinerlei Kräfte im Spiel sind (so würde es Newton annehmen), ist ein ebenfalls rein ideeller, und den beschreibt die spezielle Relativitätstheorie; nämlich den, wenn die Raumzeit völlig flach ist.
Gewicht ist dem Objekt nicht eigen, es ist eher das Maß für die Stärke der Gravitation / Beschleunigung. Masse erwirbt das Objekt entweder, und zwar durch das Higgs-Teilchen, oder aber, wenn die Stringtheorie sich bewahrheiten sollte, ist sie dem Objekt eigen, dann nämlich ein bestimmter Schwingungsmodus des Strings.
„Ich sympathisiere mit der Definition von Naturwissenschaft wie folgt:
"“ Naturwissenschaft ist als Grundlagenforschung, als jenes fundamentale Streben…“““
Dem kann ich mich anschließen, und genau da liegt der Haase im Pfeffer, Transzendenz ist (bei allem Wahrheitsgehalt) eine subjektive Erfahrung; jede Erweiterung der messbaren Wirklichkeit nimmt etwas aus dem Bereich der Transzendenz heraus, macht es dadurch objektiv. Ein Austausch über die Erfahrung „innerer Transzendenz“ bewirkt keine Objektivität im wissenschaftlichen Sinne.
Dass der Versuch, die Welt wissenschaftlich zu erklären gescheitert sei, kann ich nicht sehen, die Suche nach der „Weltformel“ geht noch weiter, gerade auch mit den Experimenten bei CERN.
Aber was meint „Weltformel“ überhaupt? Der Begriff ist ein Synonym für einen mathematischen Formalismus, mit dessen Hilfe die Physiker die Grundbedingungen für das Verhalten und die Beschaffenheit von Energie/Materie und der Kräfte beschreiben wollen, so z. B. die Eigenschaften der Elementarteilchen, der Naturkonstanten, der Naturgesetze, und zwar nicht als Messdaten, die durch das Experiment gewonnen und dann als Werte in die Theorie übernommen werden, sondern als Theorie, aus der sich diese Werte zwangsläufig ergeben. In diesem Sinne ist es durchaus nicht unwahrscheinlich, dass die Weltformel entdeckt wird (siehe z. B. die Stringtheorie). Wenn man allerdings mehr von ihr verlangt, vielleicht die Erklärung, warum es etwas und nicht nichts gibt – dann muss die Formel zwangsläufig versagen.
Es ist unbestritten, dass jeder über das Messbare hinaus denken darf, viele Physiker sind (Gott-) gläubige Menschen, aber es gibt Bereiche, die für alle Zeiten jenseits der physikalischen Erfahrbarkeit liegen werden und die somit nicht in den Bereich der Physik gehören und die von den Physikern deshalb nicht in ihre naturwissenschaftlichen Theorien aufgenommen werden (ich wiederhole mich).
Ich habe übrigens nicht behauptet, dass Sie ein christlich geprägtes Weltbild hätten. Aber selbst wenn – das wäre keine Schande. Ich nenne mich zwar Atheist, aber nur in sofern, als ich nicht an die Existenz eines persönlichen Gottes glaube. Doch ich kann deshalb nicht bestreiten, in einem christlichen Umfeld aufgewachsen zu sein. Es wäre nebenbei eine interessante Diskussion, in wie weit sich das „Christliche Abendland“ in berechtigter Weise auf christliche Werte berufen darf, ich habe so meine Zweifel.
Soweit erstmal wieder
Henry Grimmer