Abgeschickt von Helmut Pfeifer am 18 September, 2008 um 18:19:56
S.g. Forumsbesucher,
CERN und Teilchenbeschleuniger waren in letzter Zeit das große Thema in den Medien.
Im Zusammenhang mit den beginnenden Versuchen wurde u.a.berichtet, dass man durch Simulation des Urknalls neue Aufschlüsse über dieses Phänomen und über die Beschaffenheit der Materie erhalten möchte.
Wenn man sich einigermaßen über den Urknall informiert hat- in vielen naturwissenschaftlichen Büchern ist darüber zu lesen- dann fällt zunächst die Unanschaulichkeit auf, mit der sich die Ereignisse und vorallem die Dimensionen darstellen. Ich komme noch darauf zurück.
Zunächst muss einmal festgehalten werden, dass dieses physikalische "Urknallmodell" erst erstellt werden konnte, nachdem die Expansionsbewegung des Universums erkannt worden war( Hubble!) Vereinfacht gesagt, war es somit möglich, den "Film" rückwärts laufen zu lassen bis genau zu dem Zeitpunkt, als das gesamte Universum in einen einzigen Punkt zusammengepresst war dessen Durchmesser mit dem 10 hoch 32stel Teil eines Zentimeters berechnet worden ist!! Das bedeutet, Dichte, Druck und somit Temperaturen sind monströs, es wird auch von "unendlich" gesprochen! Dieser Zustand wird von den Physikern als "Sigularität" bezeichnet. Sie ist die größte Annäherung an eine übernatürliche Wirkkraft, auf der die Naturwissenschaft bislang gestoßen ist.Sie ist der Rand oder die Schwelle für den Eintritt der Raum-Zeit in das Universum, also der Zeitpunkt ihres Entstehens. Die Singularität wird auch als Schnittstelle zwischen dem Natürlichen und dem Übernatürlichen ( Transzendenten) genannt.
Penrose und Hawking haben nachgewiesen, dass Singularitäten keineswegs selten auftreten, sondern bei geeigneten physikalischen Bedingungen geradezu unvermeidlich sind, sobald die Schwerkraftwirkung stark genug ist- was beim Urknall sicher der Fall war.
Eine Frage, die nicht ganz klar erscheint, könnte vielleicht durch CERN beantwortet werden: Hat die Singularität ein völlig chaotisches, unstrukturiertes Universum geschaffen, oder eines mit einer vorgegeben Ordnung, zusammenhängend und organisiert?
Hamking neigt eher zu der Annahme, das Ur-universum wäre gänzlich willkürlich und chaotisch gewesen, was zu der allgemeinen Annahme passt, dass am Anfang ein Zustand höchster Unordnung ( thermodynamisches Gleichgewicht) geherrscht hätte. Diesbezügliche Vorstellungen bewegen sich im Grenzbereich der modernen theoretischen Physik und könnten ebenfalls durch das CERN Projekt Erhellung erfahren.
Über die Entstehung von Materie zunächst in Form elementarer Teilchen aus dem "Nichts" hat die Quantenphysik schon einige Theorien geliefert, die recht plausibel klingen. Auch hier könnten die Versuche mit dem Teilchenbeschleuniger neue Erkenntnisse bringen.
Über den ersten Augenblick hinaus - das ist mit dem 10 hoch 43-stel Teil einer Sekunde (Planck Zeit)die kürzerste Zeitspanne im Universum - sollen angeblich eine Unzahl an atomaren Prozessen in unfassbar kurzer Zeit vor sich gegangen sein. Man nimmt an, dass zunächst eine "Suppe" aus Urteilchen, etwa Verwandte von Quarks, vorhanden waren, welche beständig wechselwirkten. Die vier grundlegeden Kräfte, Gravitation, elektrom.Kraft, starke und schwache Kraft waren wahrscheinlich noch in einer einzigen universellen Kraft vereint.
Auch das sind Modellvorstellungen, die noch nicht bestätigt sind. Das Universum dürfte zu diesem Zeitpunkt ( etwa dem 10hoch 30stel Teil einer Sekunde!) nur aus einem Kraftfeld bestanden haben, das noch nicht das winzigste Teilchen enthalten haben soll. Dann aber dürfte nach der sogenannten "inflationären" Phase( Aufblähung), die als ganz bedeutsam erachtet wird, die Entstehung der ersten Elementarteilchen eingesetzt haben, wie etwa der Quarks, Elektronen, Photonen und Neutrinos. Die Kräfte differenzierten sich und die Quarks verbanden sich zu Neutronen und Protonen. Mit den Teilchen entstanden auch die Antiteilchen und es ist bis heute wissenschaftlich nicht völlig klar, warum sich letztlich Materie bilden konnte, weil Materie und Antimaterie sich normalerweise sofort gegenseitig vernichten. Darüber gibt es viele Vermutungen und Theorien, warum dies augenscheinlich nicht der Fall war. Vielleicht erfährt man durch die jetzigen Versuche mehr darüber?
Es gäbe noch vieles mehr zu erörtern, aber das würde den gegebenen Rahmen sprengen. Vielleicht ergibt sich noch etwas Intessantes für später.
Einen Aspekt möchte ich noch erwähnen, der allgemein zu einer irrigen Annahme führen könnte: Die Materie wurde beim Urknall nur in Form von Wasserstoff- und Heliumatomen bzw. deren Isotope gebildet, weil durch die rasche Expansion die kritische Temperatur für die Kernfusion unterschritten wurde und somit die Erzeugung weiterer Elemente verhinderte. (Isotope unterscheiden sich nur durch ein geringfügig anderes Atomgewicht) Man spricht z.B. von einem "schweren Wasserstoff", dem Deuterium, das zunächst beim Urknall gebildet wurde.
Als Leser von HvD`s "Kinder des Weltalls" wissen Sie natürlich, dass all die anderen natürlichen Elemente, von denen es insgeamt 92 gibt, erst im Inneren vergehender Sonnen durch atomare Fusionsprozessen bei enorm hohen Temperaturen erzeugt werden. Diese Prozesse sollen aber ähnlich mit denen des Urknalls sein, sodass man vielleicht auch hier durch das CERN Projekt etwas erfahren wird können.
Man wird sehen, wieviele Erkenntnisse sich gewinnen lassen können und daraus wird sich ergeben, ob sich der in jeder Hinsicht enorme Aufwand gelohnt haben wird!
Mit besten Grüßen
Helmut Pfeifer